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10. Mai 2019

Für eine starke Demokratie: Volkshochschulen und politische Bildung

Bei der 73. Mitgliederversammlung des Bayerischen Volkshochschulverbandes am 10. Mai 2019 wurde von den bayerischen Volkshochschulen die Hofer Erklärung „Für eine starke Demokratie: Volkshochschulen und politische Bildung“ verabschiedet.


Volkshochschulen sind seit ihrer Gründung vor 100 Jahren Orte der Bildung und der Demokratie. Denn sie fördern mit ihren Angeboten in allen Programmbereichen die gesellschaftliche Teilhabe unterschiedlicher Menschen und setzen demokratische Lehr- und Lernformen ein. In Zeiten steigender Herausforderungen der Demokratie und des wachsenden Populismus braucht es eine Stärkung der politischen Bildung, auch an Volkshochschulen. Dabei inspirieren uns das neu erwachte politische Engagement vieler Menschen, die sich für ein demokratisches Miteinander, für das europäische Friedensprojekt und für den Umwelt- und Klimaschutz einsetzen.

Die Stärken der Volkshochschulen nutzen

Unser Verständnis von politischer Bildung schließt die historisch-politische Bildung, die Förderung von gesellschaftlicher Teilhabe und Integration, Bildung für nachhaltige Entwicklung und Medienkompetenz mit ein. Die Aufgaben umfassen beispielsweise

  • eine zeitgeschichtlich und historisch kritische Auseinandersetzung mit Ideologien wie dem Nationalsozialismus zu fördern
  • über Fake News und sogenannte alternative Fakten aufzuklären und die Urteilskraft des Einzelnen zu stärken
  • über Klimawandel und die politischen und individuellen Möglichkeiten, diesen zu beeinflussen, zuverlässig zu informieren
  • ein Verständnis von und für Integration zu wecken, sowohl bei Neuzugezogenen als auch in der Aufnahmegesellschaft
  • die Chancen und Risiken der Digitalisierung in allen Lebensbereichen sachlich abzuwägen und auch unter ethischen Gesichtspunkten zu reflektieren
  • die Herausforderungen der Globalisierung zu behandeln und globales Lernen zu ermöglichen.

Drei Wesensmerkmale von Volkshochschulen machen sie zu besonders geeigneten Orten für politische Bildung:
  1. Volkshochschulen sind geeignete Orte, um in der Kommune Diskussions- und Dialogprozesse anzuregen und zu moderieren. Hier kommen Menschen mit unterschiedlichen Auffassungen und Hintergründen zusammen und diskutieren über die Gestaltung der gemeinsamen Zukunft.
  2. Volkshochschulen regen zum Handeln und Mitbestimmen an, motivieren und unterstützen Menschen, die sich zivilgesellschaftlich und ehrenamtlich vor Ort engagieren oder für die Engagement bisher nicht selbstverständlich ist.
  3. Volkshochschulen sind weltanschaulich und politisch neutral und dadurch besonders geeignet, aktuelle Themen aufzugreifen. Denn Volkshochschulen wollen Menschen dazu befähigen, sich eine Meinung zu bilden, eigene Interessen zu formulieren und das Gemeinwesen mitzugestalten.

Volkshochschulen teilen den Beutelsbacher Konsens: keine Indoktrination, Beachtung kontroverser Positionen, Orientierung an der Lebenswelt der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Ansichten ist notwendig und Teil einer gelebten Diversität in Volkshochschulen. Das Spektrum der durch die Meinungsfreiheit gedeckten Sichtweisen ist groß und deckt auch gesellschafts– und staatskritische Auffassungen. Dies gilt insbesondere für Meinungen von Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die im Rahmen einer Bildungsveranstaltung geäußert werden. Rassistische, antisemitische und menschenverachtende Auffassungen haben an Volkshochschulen keinen Platz.

Wir wollen unserem Selbstverständnis als Ort der Demokratie entsprechen, indem wir
  • Orte der demokratischen Streitkultur bieten, z.B. in Dialogforen von Bürgerinnen und Bürgern mit politischen Entscheidungsträgern und in spezifischen Angeboten zum demokratischen Streiten und Argumentieren.
  • Verantwortung der Einzelnen stärken, z.B. in partizipativen Formaten wie Zukunfts-werkstätten Möglichkeiten der Mitwirkung aufzeigen und in bürgerschaftlichem und ehrenamtlichem Engagement schulen.
  • die gesellschaftlich relevanten Themen aufgreifen, hierfür Interesse wecken und diese sachlich fundiert behandeln – von kommunalen Themen bis hin zu weltweiten politischen Kontroversen.
  • unsere Dozentinnen und Dozenten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für den demokratischen Diskurs fortbilden und den Teilnehmerinnen und Teilnehmern das Grundprinzip der Politik, nämlich die Diskussions- und Kompromissfähigkeit, vermitteln.
  • Geschichtsbewusstsein lebendig halten und dabei die Lehren aus der Vergangenheit als Aufforderung für gelebte Menschenrechte sehen.

Die Bezirke und die Geschäftsstelle des Bayerischen Volkshochschulverbandes bieten für diese Aufgaben ergänzende finanzielle und praktische Unterstützung an. Die Verbandspolitik richten wir auf eine langfristige institutionelle Förderung aus. Nur so können wir den Auftrag des Bayerischen Erwachsenenbildungsförderungsgesetzes: „zu einem besseren Verständnis gesellschaftlicher und politischer Vorgänge als Voraussetzung eigenen verantwortungsbewussten Handelns beizutragen“ mit Leben und nachhaltig füllen.

Demokratie braucht Menschen, die wissen, wie Demokratie funktioniert, von ihrem Wert überzeugt sind und sich für ihre Gestaltung einsetzen. Diese Erkenntnis stand am Anfang der 100jährigen Geschichte der Volkshochschulen und war der Hauptgrund für deren Wiedergründung nach dem Nationalsozialismus. Die Herausforderungen sind nicht kleiner geworden. Volkshochschulen sind gute Orte, um globale Zusammenhänge und lokales Handeln zu verbinden und so für politisches und zivilgesellschaftliches Engagement zu begeistern.

verabschiedet durch die Mitgliederversammlung bei der 73. Landestagung des Bayerischen Volkshochschulverbandes am 10. Mai 2019 in Hof.

Ihre Ansprechpartnerin
Ruth Jachertz
Abwesend bis 29. Februar 2024 Vertretung:
Elisabetta Mola (Kultur)
Johannes Pütz (Gesellschaft)
Tel: +49 89 510 80 40